Vergaberecht

Das Vergaberecht der Bundesrepublik Deutschland gewährleistet die faire, effiziente und nachhaltige Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch transparente Vergabeverfahren. Es regelt, wie öffentliche Auftraggeber beim Einkauf von Bau-, Liefer- und Dienstleistungen oder der Vergabe von Konzessionen vorgehen müssen.
Das Vergaberecht regelt die Auswahl der Vertragsparteien mit dem Ziel, das beste, das heißt das wirtschaftlichste Angebot zu finden. Neben dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit sind insbesondere die Grundsätze der Transparenz, des Wettbewerbs  und der Gleichbehandlung zu beachten.
Dabei ist zu unterscheiden, ob der auszuschreibende Auftragswert ober- oder unterhalb der EU-Schwellenwerte ist.

Aktuelle EU-Schwellenwerte

Ab dem 1. Januar 2024 gelten neue EU-Schwellenwerte. Regelmäßig alle zwei Jahre werden die Schwellenwerte für Auftragsvergaben nach dem europäischen Vergaberecht an die Wechselkursschwankungen angepasst.
Die jeweils erhöhten Schwellenwerte wurden in der Delegierten Verordnung (EU) 2023/2495 der Kommission vom 15. November 2023 veröffentlicht. Öffentliche Auftraggeber müssen daher ab dem 1. Januar 2024 u. a. folgende Schwellenwerte beachten:
Liefer- und Dienstleistungsaufträge
Oberer und Oberster Bundesbehörden
                   143.000 €
    (bisher 140.000 €)
Liefer- und Dienstleistungsaufträge
von Sektorenauftraggebern
                   443.000 €
    (bisher 431.000 €)
Liefer- und Dienstleistungsaufträge
sonstiger öffentlicher Auftraggeber
                   221.000 €
    (bisher 215.000 €)
Bauaufträge und Konzessionsvergaben
               5.538.000 €
(bisher 5.382.000 €)

Vergaberecht oberhalb der Schwellenwerte

Wettbewerbsbeschraenkung
Überschreitet der auszuschreibende Auftrag den entsprechenden Schwellenwert, muss europaweit ausgeschrieben werden. Die gesetzlichen Grundlagen für Ausschreibungen oberhalb dieser Schwellenwerte sind in Deutschland im vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) allgemein geregelt. Konkretisiert werden Ausschreibungen in der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (VgV), wobei es für den Bereich Bauleistungen zusätzliche Regelungen im zweiten Teil der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A-EU) gibt.
Gesonderte Rechtsgrundlagen gibt es für Aufträge im Sektorenbereich durch die Verordnung über die Vergabe von Aufträgen im Bereich des Verkehrs, der Trinkwasserversorgung und der Energieversorgung (SektVO). Für Konzessionen gilt neben dem GWB die neue Konzessionsvergabeverordnung (KonzVO). Und auch für Aufträge mit Verteidugungs- und Sicherheitsrelevanz ist außer dem GWB die Vergabeverordnung Verteidigung und Sicherheit (VSVgV) anzuwenden.

Vergaberecht unterhalb der Schwellenwerte

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Liegt der Netto-Auftragswert unterhalb des entsprechenden EU-Schwellenwertes, gilt das nationale Vergaberecht. Hier sind dann die haushaltsrechtlichen Vorschriften des Bundes, des jeweiligen Bundeslandes oder der entsprechenden Kommunen anzuwenden. Grundsätzlich ist aber der erste Abschnitt der VOB/A bei Bauaufträgen bzw. die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) für die Vergabe von Dienstleistungsaufträgen zu beachten.
Eine Öffentliche Ausschreibung ist dabei nicht immer zwingend erforderlich, denn wenn der Aufwand nicht im Verhältnis zur Höhe der ausgeschriebenen Leistung steht, genügt die vereinfachte Verfahrensart der Beschränkten Ausschreibung oder auch der Verhandlungsvergabe.
Die Wertgrenzen, die festlegen ab wann öffentlich ausgeschrieben werden muss, sind je nach Auftragsart unterschiedlich und werden von den jeweiligen Bundesländern festgeschrieben.

Unterschwellenvergabeordnung (UVgO)

Die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) regelt das Verfahren zur Vergabe von Liefer- und Dienstleistungsaufträgen unterhalb der Schwellenwerte.
Sie ersetzt in ihrem Anwendungsbereich die Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen – Teil A (VOL/A) und orientiert sich strukturell an der für öffentliche Aufträge oberhalb der EU-Schwellenwerte geltenden Vergabeverordnung von April 2016.
Bekanntgemacht wurde die UVgO am 7. Februar 2017 im Bundesanzeiger. Für den Bund ist die UVgO aber erst durch die Änderung der Verwaltungsvorschriften zu § 55 BHO am 2. September 2017 in Kraft getreten. Die Länder regeln das Inkrafttreten in ihren haushaltsrechtlichen Vorschriften.
Landesrechtliche Regelungen erließen bisher
  • Hamburg (in Kraft seit dem 1. Oktober 2017),
  • Bremen (in Kraft seit dem 19. Dezember 2017),
  • Bayern (in Kraft seit dem 1. Januar 2018),
  • das Saarland (in Kraft seit dem 1. März 2018),
  • Brandenburg (in Kraft seit dem 1. Mai 2018)
  • Nordrhein-Westfalen (in Kraft seit dem 9. Juni 2018)
  • Schleswig-Holstein (in Kraft seit dem 1. Juli 2018)
  • Baden-Württemberg (in Kraft seit dem 1. Oktober 2018).
  • Mecklenburg-Vorpommern (in Kraft seit dem 1. Januar 2019)
  • Thüringen (in Kraft seit dem 1. Dezember 2019)
  • Niedersachsen (in Kraft seit dem 1. Januar 2020)
  • Berlin (in Kraft seit dem 1. April 2020)
  • Hessen (in Kraft seit dem 1. September 2021)
Die UVgO regelt vor allem die zulässigen Verfahrensarten im unterschwelligen Bereich und ihren Ablauf. Als solche benennt § 8 UVgO die Öffentliche Ausschreibung, die Beschränkte Ausschreibung (mit und ohne Teilnahmewettbewerb) und die Verhandlungsvergabe (mit und ohne Teilnahmewettbewerb). Die bislang gestattete freihändige Vergabe hingegen entfällt; an ihre Stelle tritt die Verhandlungsvergabe.

Thüringer Vergabegesetz (ThürVgG)

Seit Mai 2011 gilt auf Landesebene das  Thüringer Gesetz über die Vergabe öffentlicher Aufträge (ThürVgG). Hierin sind Vergaben von öffentlichen Aufträgen, soweit ihr Wert bei Bauaufträgen 75.000 Euro und bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen 50.000 Euro netto überschreitet, geregelt.
Es enthält Verpflichtungen zur Tariftreue für ausgewählte Aufträge (zum Beispiel im Personennahverkehr) und zur Einhaltung von ILO-Kernarbeitsnormen (Mindestarbeitsbedingungen) - für die auch Sanktionsregelungen in die Verträge aufzunehmen sind. Daneben enthält das Vergabegesetz in Thüringen zahlreiche Bestimmungen für sämtliche Stufen des Vergabeverfahrens. Hervorzuheben sind die detaillierten Regelungen zu den Berücksichtigungsmöglichkeiten ökologischer und sozialer Kriterien im Vergabeverfahren, Vorgaben zur Prüfung unangemessen niedriger Angebote und Vorgaben zum Wertungsausschluss. Um den Mittelstand zu fördern, werden staatliche Auftraggeber verpflichtet, den öffentlichen Auftrag  auch auf der zentralen Landesvergabeplattform elektronisch bekannt zu machen.
Zum 1. Januar 2024 ist das Thüringer Vergabegesetz geändert worden. Ziel war es den bürokratischen Aufwand zu verringern, die Anwendungssicherheit zu erhöhen und den Zugang zu öffentlichen Aufträgen zu vereinfachen, aber auch soziale und ökologische Belange zu stärken. Mehr dazu finden Sie in unserem Artikel zur Änderung des Thüringer Vergabegesetzes.

Thüringer Verwaltungsvorschrift zur Vergabe öffentlicher Aufträge (ThürVVöA)

Die Verwaltungsvorschrift enthält umfassende Hinweise zu den für die Durchführung von Vergabeverfahren geltenden rechtlichen Grundlagen (z. B. VOB/A, VOL/A), allgemeine Hinweise zum Vergabeverfahren und Erläuterungen zu den einzelnen Vorschriften des Thüringer Vergabegesetzes (ThürVgG).

Thüringer Landesverwaltungsamt - Vergabekammer

Die Vergabekammer des Freistaates Thüringen ist erste Nachprüfungsinstanz nach den Bestimmungen des vierten Teiles des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) bei Beschwerden zu EU-weiten Vergabeverfahren.
Im Rahmen der Rechtsaufsicht werden durch die Nachprüfungsstelle Vergabebeschwerden, die sich gegen durchgeführte nationale Vergabeverfahren der Thüringer Landkreise und kreisfreien Städte richten, bearbeitet.
-Hausanschrift-
Vergabekammer des Freistaats Thüringen beim
Thüringer Landesverwaltungsamt
Jorge-Semprún-Platz 4
99423 Weimar
Tel.: 0361 57 332 1254
Fax: 0361 57332 1059
E-Mail: vergabekammer@tlvwa.thueringen.de

-Postanschrift-
Vergabekammer des Freistaats Thüringen beim
Thüringer Landesverwaltungsamt

Postfach 2249
99403 Weimar
Auf der Homepage des Thüringer Landesverwaltungsamtes finden Sie Entscheidungen der Vergabekammer des Freistaates Thüringen und Entscheidungen der als Rechtsaufsicht tätigen Nachprüfungsstelle sowie aktuelle Rundschreiben zum Vergaberechte.