Corona: Kontroverses Bild in der Wirtschaft

Landesweite Konjunkturumfrage zeigt schwierige Situation in einzelnen Branchen

Die Konjunktur im Freistaat steht weiter im Zeichen der Corona-Pandemie. Eine wirtschaftliche Erholung in der Breite ist nicht in Sicht. Zwischen den Branchen gibt es indes unterschiedliche Entwicklungen. Das zeigen die Konjunkturumfragen der drei Thüringer Industrie- und Handelskammern. An den Befragungen zum Jahreswechsel haben sich über 1.100 Unternehmen beteiligt.
Während des zweiten Lockdowns fällt der Thüringer Konjunkturindex zu Jahresbeginn auf 83 Punkte. Das ist ein Minus von sieben Punkten gegenüber der Vorumfrage im Herbst 2020. Vor allem die Erwartungen der Unternehmen fallen deutlich zurückhaltender aus: 41 Prozent der Betriebe im Freistaat gehen von einer ungünstigeren Entwicklung aus. Mit besseren Geschäften rechnen derzeit lediglich 16 Prozent der Thüringer Firmen.

Lage bei Touristikunternehmen und Einzelhandel dramatisch
Die aktuelle Geschäftslage wird von unverändert 30 Prozent der Unternehmer als gut bewertet. Jedoch hat sich der Anteil an Betrieben, die ihre wirtschaftliche Situation als schlecht einschätzen, seit Herbst 2020 auf 38 Prozent (plus sechs) erhöht. Zum Vergleich: Wenige Wochen vor Beginn der Corona-Pandemie berichteten im Frühjahr 2020 noch neun von zehn Thüringer Unternehmen von einer guten oder zufriedenstellenden Geschäftslage.
Dramatisch ist die Situation in den Branchen, die von den angeordneten Betriebsschließungen direkt betroffen sind: 90 Prozent der touristischen Unternehmen und jeder dritte Händler bezeichnen ihre aktuelle Lage als schlecht. Vor allem der stationäre Handel (Mode, Sport, Schuhe) kommt an seine finanziellen Grenzen. Mit einer baldigen Rückkehr zur wirtschaftlichen Normalität rechnet die Mehrzahl der Unternehmer nicht: Nur 17 Prozent der Touristiker und 11 Prozent der Händler gehen von einer besseren Geschäftsentwicklung aus.

Optimismus in der Industrie
Die Industriekonjunktur zeigt sich dagegen vergleichsweise robust. Ein Drittel der Betriebe bewertet seine derzeitige Lage als gut, ein weiteres Drittel kommt zu einem befriedigenden Urteil. Auch die positiven und negativen Einschätzungen der künftigen Entwicklungen halten sich mit jeweils einem Viertel die Waage. Gleichwohl hat das erste Pandemiejahr auch in der Thüringer Industrie tiefe Spuren hinterlassen: Jedes zweite Unternehmen berichtet im Vergleich zum Vorjahr von einem Rückgang der Auftragseingänge. Laut Angaben des Thüringer Landesamtes für Statistik sanken die Umsätze der Thüringer Industrie im Jahr 2020 um 7,8 Prozent. Innerhalb der Branche verlief die Entwicklung jedoch unterschiedlich: Während die Hersteller von Kraftwagen und Kraftwagenteilen, der Maschinenbau und die Metallindustrie Einbußen verzeichneten, registrierte die Nahrungsmittel- und Pharmaindustrie in Thüringen ein Umsatzplus im zweistelligen Prozentbereich.

Zurückhaltung bei Investitions- und Beschäftigungsplänen 
Angesichts des skeptischen Ausblicks der Thüringer Unternehmen fallen die Investitions- und Beschäftigungspläne zurückhaltend aus. Jeder zweite Betrieb hat sein Investitionsbudget gekürzt oder ganz gestrichen. Erhöht hat sich die Investitionsneigung indes in der Industrie, wo vier von fünf Betrieben entsprechende Ausgaben in den nächsten Monaten planen. In der Branche sind auch die Aussichten für Jobsuchende am günstigsten: 12 Prozent der Industrieunternehmen wollen Personal einstellen. Branchenübergreifend erwägen das nur sieben Prozent der Thüringer Firmenchefs.
„Der Blick nach vorn fällt vielen Unternehmern immer schwerer. Sie sehen sich derzeit mit Perspektivlosigkeit und dem Gefühl konfrontiert, nicht gehört zu werden. Mehr Öffnung und damit wieder eine Perspektive erwartet die Wirtschaft deshalb vom Gipfel mit der Kanzlerin Angela Merkel am 3. März. Der mit Vorschlägen der Kammern untersetzte Thüringer Stufenplan ist ein richtiger Schritt in Richtung pragmatischer Flexibilität und Regionalität zur Pandemiebewältigung“, betont Peter Höhne, Hauptgeschäftsführer der IHK Ostthüringen.
01.03.2021, ba