Ostthüringer Wirtschaft: Zwischen Erholung, Hoffnung und Resignation

IHK-Konjunkturumfrage zeigt deutliche Unterschiede in den einzelnen Branchen

Nach nunmehr 14 Monaten Corona-Pandemie ist die Stimmung in der Ostthüringer Wirtschaft durchwachsen wie nie. Während das Konjunkturklima in der Industrie inzwischen wieder das Vor-Krisen-Niveau erreicht, leiden große Teile des Einzelhandels, die touristischen Betriebe und viele Anbieter personennaher Dienstleistungen weiter massiv unter den Einschränkungen. Das zeigt die Konjunkturumfrage der IHK Ostthüringen zu Gera im Frühjahr 2021, an der sich 449 Unternehmen aus der Region mit zusammen mehr als 17.000 Beschäftigten beteiligten.
91,2 Punkte erreicht der Konjunkturklimaindex der Ostthüringer Wirtschaft im Frühjahr 2021
Die Hoffnungen auf eine zügig voranschreitende Impfkampagne, Lockerungen und eine konjunkturelle Belebung, haben sich in der Breite der Wirtschaft bislang nicht erfüllt. Der Konjunkturklimaindikator, der die Bewertungen zur aktuellen Geschäftslage und die Erwartungen der Unternehmen abbildet, steigt im Vergleich zur Vorumfrage zu Jahresbeginn nur geringfügig um 2,7 Punkte auf einen Wert von 91,2. Branchenübergreifend beurteilen 32 Prozent der Ostthüringer Unternehmen ihre wirtschaftliche Situation als gut, 34 Prozent fällen ein negatives Urteil. Die Erwartungen der Betriebe verbessern sich moderat, bleiben aber weiter insgesamt zurückhaltend: Jede fünfte Firma rechnet mit besseren Geschäften, während sich 34 Prozent der Befragten skeptisch äußern.
Allerdings zeigt der Blick in die Branchen deutliche Unterschiede. Die Industrieunternehmen melden gestiegene Auftragseingänge und eine höhere Kapazitätsauslastung. Entsprechend verbessert sich die Geschäftslage im Vergleich zu Jahresbeginn deutlich. Inzwischen bewerten 42 Prozent der Betriebe ihre wirtschaftliche Situation als gut, bei 17 Prozent laufen die Geschäfte nicht zufriedenstellend. Auch die Investitions- und Personalpläne der Branche gestalten sich wieder expansiver.
Aufgehellt hat sich die Stimmung – nicht zuletzt auch saisonal bedingt – im Ostthüringer Baugewerbe. Hier bewerten vier von fünf Betrieben ihre aktuelle Geschäftslage als gut oder zufriedenstellend. Auch die Erwartungen fallen deutlich weniger pessimistisch aus als noch zu Jahresbeginn. Ähnliches gilt für den Güterkraftverkehr und die Speditionen.
„Im Handel und Tourismus ist die Stimmung dagegen weiter auf dem Tiefpunkt. Die fortwährenden Beschränkungen stellen viele Unternehmen vor existenzielle Herausforderungen, da Modelle wie Click & Collect bzw. Liefer- und Abholservices oft nur einen kleinen Teil des entgangenen Umsatzes einbringen. Zahlreiche Unternehmen stehen daher an den Grenzen ihrer Möglichkeiten“, so Almut Weinert, Leiterin Wirtschaft und Technologie in der IHK Ostthüringen zu Gera. Jeder zweite Händler und neun von zehn touristischen Betrieben befänden sich aktuell in einer schlechten Lage. Auch der Blick auf für die anstehende Urlaubssaison wecke bei nur wenigen Unternehmen Zuversicht.
„Die Ergebnisse zeigen: Die Erholung der Wirtschaft ist vielfach kein Selbstläufer. Es bedarf einer klaren Strategie von Bund und Land, um die wirtschaftliche Krise zu überwinden. Und auch der Aufschwung in der Industrie steht auf wackeligen Beinen. Neben den Folgen der Corona-Pandemie sehen sich die Unternehmen derzeit mit Engpässen bei Vorleistungsgütern sowie hohen Energie- und Rohstoffpreisen konfrontiert“, warnt Weinert.
Der ausführliche Konjunkturbericht I/21 wird ab 20. Mai online abrufbar sein unter www.gera.ihk.de/konjunktur.
11.05.2021, ba