Übersicht der Wasserstoffaktivitäten

Die Notwendigkeit einer klimaneutralen Energieversorgung sorgt für einen deutlichen Ausbau von Wasserstofftechnologien.

Wasserstoffprojekte in Deutschland

Die Notwendigkeit einer klimaneutralen Energieversorgung sorgt für einen deutlichen Ausbau von Wasserstofftechnologien in Deutschland. Ein Überblick der bereits realisierten oder geplanten Projekte unterstreicht die Bedeutung.
Ein Marktbericht des Hydrogen Council und McKinsey hat das Volumen der weltweiten Investitionen in Wasserstofftechnologien bis 2030 auf etwa 300 Milliarden Dollar geschätzt. Etwa 80 Milliarden seien bereits kurz vor der Umsetzung (Hydrogen Insights 2021 - Hydrogen Council). Auch in Deutschland nimmt der Markthochlauf des Wasserstoffs deutlich an Fahrt auf.
Mehrere Initiativen liefern einen Überblick über geplante und realisierte Wasserstoffprojekte:
  • Im Rahmen staatlicher Förderungen des „IPCEI“ Programms wurden 62 Projekte ausgewählt, die mit Mitteln des Bundes und der Länder eine finanzielle Unterstützung erhalten, um Deutschland zu einem Vorreiterland beim Wasserstoff zu machen. Der Umfang der Förderung beträgt 8 Milliarden Euro.
    (BMWi - IPCEI-Standortkarte)
  • Auf der Website des Bundesministeriums für Bildung und Forschung findet sich das sogenannte „Kopernikus Projekt“, das zahlreiche Projekte zur klimaneutralen Energieversorgung der Zukunft begleitet. Die Website bietet eine interaktive Deutschlandkarte, die sowohl bereits umgesetzte als auch die geplanten staatlich geförderten Wasserstoffanlagen zeigt.
    (Kopernikus-Projekte: Power-to-X-Anlagen in Deutschland)
  • Auch die IHK-Nord bietet einen Überblick zum derzeitigen Stand des Ausbaus von Wasserstofftechnologien. Neben den staatlich geförderten Anlagen finden sich zahlreiche weitere Projekte für den Norden Deutschlands, die ohne finanzielle Unterstützung den Markteintritt suchen.
    (Norddeutsche Wasserstofflandkarte - IHK Nord)
Quelle: IHK Würzburg

EU veröffentlicht Leitfaden für Wasserstoff-Fördermöglichkeiten

Im Rahmen des Europäischen Wasserstoffforums hat die EU-Kommission am 17. Juni 2021 einen Online-Leitfaden für öffentliche Förderprogramme zum Thema "Wasserstoff" veröffentlicht.
Der Förderkompass richtet sich an alle interessierten Stakeholder, dementsprechend auch Großunternehmen oder kleine und mittlere Unternehmen (KMU), und bietet eine Übersicht zu Wasserstoff-Förderprogrammen und Fonds auf zwei Ebenen:
Für jedes EU-Programm oder Fonds hebt der Förderkompass Kernmerkmale hervor und bietet Links, unter denen weitere Informationen eingesehen werden können. Mit Hilfe verschiedener Filter (z. B. Zielgruppe "KMU") lassen sich die Suchergebnisse eingrenzen.

Thüringer Wasserstoffstrategie

Die Landesregierung hat die unter Federführung des Umweltministeriums erarbeitete Thüringer Wasserstoffstrategie beschlossen. Grüner Wasserstoff aus erneuerbarer Energie soll in den kommenden Jahren ein entscheidender Energieträger für die Klimaneutralität Thüringens werden. Voraussetzung dafür ist der konsequente Ausbau der erneuerbaren Energien. Investitionen in Forschungsstandorte sowie Musterprojekte sind die Kernelemente der Strategie.
Wasserstoff sollte nur in Bereichen zum Einsatz kommen, bei denen eine Dekarbonisierung durch andere Technologien nur schwer zu leisten ist. Für Thüringen sollen dies Anwendungen in Hochtemperatur-Industrieprozessen (Glas- und Keramik-Industrie) und im Verkehrsbereich (Schwerlastfahrzeuge, Busse, Züge) bedeuten. Wasserstoff wird nach den Plänen der Landesregierung den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen beschleunigen. Der damit verbundene Strukturwandel biete immense Chancen für Thüringens Unternehmen, vom Wachstumsmarkt Wasserstoff zu profitieren, so Ministerin Siegesmund.
Ein Zweiklang aus Praxisprojekten sowie Forschung und Entwicklung für neue Technologien, flankiert von passgenauen Förderprogrammen, soll für den nötigen Schwung beim Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft in Thüringen sorgen. Mindestens 20 Millionen EUR sind im laufenden Programm des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) bereits eingeplant. Weitere Mittel sind für das kommende EFRE-Programm ab nächstem Jahr vorgesehen. Für Busantriebe mit Batterie oder Wasserstoff hat die Landesregierung zudem mindestens 5 Millionen EUR an eigenen Mitteln zur Verfügung. Von den bereits vorgesehenen Milliarden, die die Wasserstoffstrategie der Bundesregierung bundesweit vorsieht (allerdings primär für Großprojekte mit großindustriellen Prozessen, wo bisher Erdgas oder Erdöl eingesetzt wurde), sollen möglichst Mittel auch nach Thüringen fließen. Hier findet ein reger Austausch mit der Bundesebene statt.
Quelle: TMUEN

Bundesregierung beschließt Wasserstoffstrategie

Sein Einsatz soll sich bis 2030 auf rund 100 TWh verdoppeln. Entstehen sollen bis 2030 5 GW Elektrolyseurleistung einschließlich der zusätzlichen EE-Anlagen. Dabei haben sich BMU und BMBF mit der Einschränkung auf grünen Wasserstoff durchsetzen können. Im Gegenzug schreibt die Politik die Wasserstoffanwendungen nicht mehr vor.
Im Ergebnis der Wasserstoffstrategie steht eine Wegbeschreibung, wie Wasserstoff als Energieträger und Rohstoff die Klimaschutzanstrengungen in Deutschland unterstützen und den Industriestandort voranbringen soll. Inzwischen ist es politischer Konsens, dass speicherbare, gasförmige und flüssige Energieträger, darunter maßgeblich Wasserstoff, nötig sind, um das Klimaziel von 95 % CO2-Reduktion im Jahr 2050 zu erreichen.
Zum Einstieg in den Wasserstoffmarkt „sieht“ die Strategie einen Bedarf von 90 bis 110 TWh Wasserstoff in Deutschland (2020: rund 55 TWh) für das Jahr 2030. Hinzukommen soll der Verbrauch insbesondere bei der Stahlproduktion und der Elektromobilität mit Brennstoffzellen.
Um den Zusatzbedarf von rund 50 TWh zu decken, setzt die Strategie in den Maßnahmen schwerpunktmäßig auf die Produktion von grünem Wasserstoff in Deutschland. 14 TWh jährlich sollen mit einer Elektrolyseurleistung von dann 5 GW hergestellt werden. Die 20 TWh Ökostrom, die dafür nötig sind, sollen zusätzlich in Deutschland errichtet werden. Weitere Mengen zur Bedarfsdeckung sollen im europäischen Verbund erschlossen werden.
Für die Herstellung grünen Wasserstoffs in Deutschland soll die Befreiung des für die Elektrolyse verwendeten Stroms von der EEG-Umlage und eine Investitionskostenförderung für Elektrolyseure in der Industrie einen Anreiz bieten. Sogar Betriebskostenzuschüsse über ein Pilotprogramm für Carbon Contracts for Difference (CfD) für Stahl und Chemie wird es geben. Diese finanziellen Anreize und Subventionen werden damit begründet, dass die CO2-Bepreisung für die Wirtschaftlichkeit von „grünem“ Wasserstoff nicht ausreichen wird. Dennoch soll sie künftig das „zentrale Leitinstrument“ darstellen.
In der Farbenlehre hat sich damit politisch keine technologieneutrale Sichtweise durchsetzen können. Allein grüner Wasserstoff auf Basis erneuerbarer Energien wird auf Dauer langfristig als nachhaltig gewertet. Allerdings wird auch „blauer“ und „türkiser“ Wasserstoff in Deutschland gehandelt werden können. Dabei wird diesen Herstellungsverfahren die Aufgabe zukommen, die Lücken beim Ziel für CO2-neutralen Wasserstoff zu füllen.
Auf der Anwendungsseite will die Politik es weitgehend den Kunden überlassen für welche Anwendungen sie Wasserstoff nutzen dürfen. Gleichwohl soll ein Schwerpunkt in der stofflichen Nutzung auf schwer dekarbonisierbaren Industrieprozessen liegen, etwa in der Stahlerzeugung aber auch bei der Treibstoffherstellung. Die direkte energetische Nutzung soll zunächst im Verkehrssektor eine tragende Rolle spielen. Neben Lkw und Zügen sollen auch Pkw stärker Wasserstoff nutzen dürfen. Langfristig räumt die Strategie auch dem Wärmemarkt eine Rolle ein.
Der Markt für Wasserstoff soll europäisch ausgerichtet sein, was ein europäisches Definitions- und Zertifizierungssystem nötig machen wird. Transportiert werden soll der Wasserstoff in einem Netz, das neue Leitungen sowie umgewidmete Erdgaspipelines umfasst. Für die Anwendung im Verkehr soll das Tankstellennetz deutlich ausgebaut werden. Aktuell ist mit 1.000 Tankstellen bis 2025 ein flächendeckendes Netz im Gespräch (Konjunkturpaket).
Deutschland ist großer Energieimporteur und wird es auch bleiben. Da der gehandelte Wasserstoff nicht allein aus Europa kommen kann, wird die Bundesregierung Partnerschaften mit bestehenden und potenziellen Energielieferanten suchen. Konkret sollen mit Partnerländern in der Entwicklungszusammenarbeit Pilotvorhaben zur Produktion von grünem Wasserstoff entwickelt werden.
Die Strategie hat nicht zuletzt eine industriepolitische Komponente. Neben der strategischen Anwendung zur Dekarbonisierung der Industrie soll der Aufbau einer wettbewerbsfähigen Zulieferindustrie rund um die Brennstoffzelle forciert werden. Hier können auch neue Wertschöpfungspotenziale erschlossen werden, die aufgrund des Strukturwandels in der deutschen Automobilindustrie verloren gehen. Forschung und Innovation werden als strategisches Element verstanden. Im ersten Halbjahr wird daher zusätzlich eine Roadmap für eine deutsche Wasserstoffwirtschaft mit internationaler Leitwirkung aufgesetzt, die Forschungsbedarfe aufzeigen soll. Ergänzt wird diese um eine Forschungsoffensive „Wasserstofftechnologien 2030“.
Lt. DIHK-Einschätzung betrachtet die Strategie nahezu alle zentralen Themenfelder für die Etablierung einer integrierten Wasserstoffnutzung. Sie trifft mit dem Ziel für CO2-freien Wasserstoff und Elektrolyseleistung für 2030 klare Aussagen. CO2-freier Wasserstoff wird allerdings nicht technologieoffen bewertet. Aus Gründen der Wettbewerbsfähigkeit und der Technologieoffenheit ist die Engführung auf grünen Wasserstoff kritisch. Dass die Marktentwicklung über entsprechende Nachweise europäisch gedacht werden soll und damit auch immerhin "blauer" CO2-neutraler Wasserstoff zum Einsatz kommen kann, ist positiv.

Aus DIHK-Sicht fehlt auch eine vertiefende Betrachtung der Wasserstoffnutzung für die Prozesswärme. Die stoffliche Nutzung in Stahl und Chemie ist sehr wichtig, aber auch für die Treibhausgasminderung in der Hochtemperaturprozesswärme sollte Wasserstoff als Alternative etabliert und mit Maßnahmen unterlegt werden. Für den Verkehrsbereich fehlen Hochlaufszenarien für die einzelnen Verkehrsträger, die die sonst kontextlosen Zusatzbedarfe von 50 TWh Wasserstoff bis 2030 untermauern könnten. Damit könnte auch die Infrastrukturentwicklung bei Pipelines und dem Tankstellennetz klarer unterlegt werden.
Quelle: DIHK
Die IHK-Organisation hat zum Thema Wasserstoff ein Positionspapier (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 219 KB) mit zwölf Handlungsempfehlungen erarbeitet. Wissenswertes rund um das Thema können Sie auch einem aktuellen DIHK-Faktenpapier (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 1276 KB) entnehmen.

Zentrale Wasserstoff-Webseite der Bundesregierung startet

Die neue Internetpräsenz der Bundesregierung bündelt erstmals ressortübergreifend Informationen zum Thema Wasserstoff, zur Nationalen Wasserstoffstrategie und den Fördermöglichkeiten des Bundes. Die eigens hierfür eingerichtete „Lotsenstelle Wasserstoff“ bietet als neues Serviceangebot eine gezielte Beratung zur Förderung von Innovationen und Investitionen im Wasserstoffbereich an.
Wasserstoff wird für die Energiewende eine wichtige Rolle spielen und kann vielfältig eingesetzt werden. In Umsetzung der Nationalen Wasserstoffstrategie stehen in vielen Ressorts bereits verschiedene Fördermaßnahmen zur Verfügung. Diese werden mit der neuen Webseite – zusammen mit allgemeinen Informationen und konkreten Projektbeispielen – erstmals gesammelt dargestellt. Für förderinteressierte Unternehmen und Institutionen bietet die Lotsenstelle Beratungs- und Serviceleistungen an. Im Sinne eines One-Stop-Shops (OSS) erhalten sie somit nicht nur einen strukturierten Überblick über das Förderangebot des Bundes zum Themenfeld Wasserstoff im nationalen, europäischen und internationalen Kontext, sondern erfahren gleichzeitig, welche Fördermaßnahme am besten zu ihrem Vorhaben passt.
Bei der zentralen Webseite handelt es sich um eine flankierende Maßnahme zur Nationalen Wasserstoffstrategie (NWS), mit deren Verabschiedung die Bundesregierung im Juni 2020 den Rahmen für den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft geschaffen hat. Ihre Inhalte und die konkreten Maßnahmen des dazugehörigen Aktionsplans sind ebenfalls auf der Webseite zu finden.

EU-Regeln für erneuerbaren Wasserstoff

Im Februar hat die EU-Kommission den lang erwarteten delegierten Rechtsakt vorgelegt, indem die Kriterien für erneuerbaren Wasserstoff zukünftig definiert werden sollen. Der delegierte Rechtsakt ist Teil der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie, die sich aktuell in den Trilogverhandlungen befindet und zuletzt, aufgrund der fehlenden vorliegenden Kriterien, ausgesetzt wurde.
Für erneuerbaren Wasserstoff bzw. erneuerbare Kraftstoffe nicht-biologischen Ursprungs (RFNBOs) gibt es unterschiedliche Produktionskriterien. Diese gelten weiterhin als erreicht, wenn der durchschnittliche Anteil erneuerbarer Energien (EE) im Stromsektor in der jeweiligen Gebotszonen bei über 90 % liegt. Nach Einschätzung der DIHK liegt dieses Ziel für die meisten EU-Staaten auch perspektivisch in weiter Ferne.
Neu hinzugekommen ist, dass die Kriterien ebenfalls erfüllt werden, wenn die Emissionsintensität in einer Gebotszone unter 18g CO2eq/MJ liegt (Deutschland hatte 2020 99,3g CO2eq/MJ). Dies würde insbesondere Staaten mit einem hohen Anteil an Wasserkraft und Atomenergie (insbesondere Frankreich und Schweden) zugutekommen. Die alten Wasserkraftanlagen könnten nämlich weiterhin genutzt werden, ohne dass neue EE-Anlagen gebaut werden müssten. Durch die geringere Wetterabhängigkeit im Vergleich zu Wind- und Solar-Anlagen könnten stabilere Produktionsbedingungen für Wasserstoff resultieren.
Sind die Kriterien in der Stromgebotszone nicht erfüllt, wird der produzierte Wasserstoff auch als erneuerbar betrachtet, wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind. Diese sind nun wie folgt ausgestaltet:
(1) Die Frist für das Additionalitätskriterium wurde verlängert: Eine EE-Anlage darf ab dem 1. Januar 2028 nicht älter als 36 Monate sein, bevor sie für die Wasserstoffproduktion im Rahmen eines PPA genutzt werden kann. Außerdem darf die Anlage keine operative, noch eine Investmenthilfe erhalten. Hervorzuheben ist die Übergangsregelung bei den EE-Anlagen, die vor Ende 2027 gebaut werden, weitere 10 Jahre von dieser Regelung ausgenommen sind. Im Vergleich zum vorherigen Entwurf können so nun die Vorlaufzeiten für große Elektrolyseur-Projekte und die dazu gehörige Infrastruktur besser abgedeckt werden.
Gleiches trifft auf die (2) Verlängerung der Frist für das Zeitkriterium zu: Der Wasserstoff und der Strom aus der EE-Anlage, mit der es ein PPA gibt, können nun bis Ende 2029 im selben Monat produziert werden. Ab 2030 greift erst die Stundenregelung. Fraglich ist die neu geschaffene Option, dass Mitgliedstaaten diese Regel schon ab 2027 einführen können. Dies könnte zu einem europäischen Flickenteppich führen. Gleichzeitig könnten Streitigkeiten bei innereuropäischen Im- und Exporten auftreten.
(3) Das geografische Kriterium bleibt in der delegierten Verordnung unverändert: Die Wasserstoff-Produktionsanlage muss weiterhin in derselben Gebotszone sein, wie die EE-Anlage. Ausgenommen sind verbundene Gebotszonen, in denen der Strompreis höher oder gleich hoch ist, wie in der Gebotszone, in der die Produktion für Wasserstoff stattfindet. Ausnahmen gibt es für Offshore-Anlagen. Die Mitgliedsstaaten können zudem weitere Kriterien für den Standort der EE-Anlagen und der Wasserstoff-Produktion festlegen. Dies darf jedoch keinen negativen Einfluss auf den Strommarkt haben. Auch hier stellen sich die gleichen Fragen und Bedenken, wie bei dem Zeitkriterium.